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Cohousing: ein Trend mit Zukunft?

Portrait: Helene Kilb (Textkonfekt)

Helene Kilb (Textkonfekt)

Faktoren wie steigende Mieten, Wohnungsmangel und Vereinsamung verlangen nach neuen Wohnkonzepten. Eine Lösung dafür ist das Cohousing nach den Prinzipien soziales Miteinander, maßgeschneiderte Projekte und erschwingliches Wohnen. Wie das genau aussehen kann, verrät Gruppenwohnprojektentwickler Volker Holtermann aus Hannover.

Die letzten Unterrichtsstunden fanden im Jahr 2005 statt, dann schloss die Sehbehindertenschule im hannoverschen Stadtteil Südtstadt ihre Pforten: Sechs Gebäude standen leer, darin acht Klassenzimmer, eine Turnhalle, eine Hausmeisterwohnung, eine Eingangshalle und zahlreiche Besprechungs- und Verwaltungsräume.

Die Stadt Hannover schrieb das denkmalgeschützte Gelände zum Verkauf aus. Den Zuschlag erhielt ein Konzept des Projekts planW und des Architekturbüros Mosaik Architekten mit der Idee, die ehemalige Schule in eine Anlage für gemeinschaftliches Wohnen – das sogenannte Cohousing – umzuwandeln. Das Herz des Areals bildet heute der frühere Pausenhof, um den sich 16 Wohneinheiten gruppieren – eine grüne Insel mitten in Hannover, gemeinsam genutzt von der 32-köpfigen Hausgemeinschaft.

Gemeinschaftliches Wohnen: von Cohousing bis hin zu neuen Wohnformen

„Cohousing“ nennt es sich, wenn sich mehrere private Wohneinheiten verschiedene Gemeinschaftsbereiche teilen. Seinen Ursprung hat der Begriff in Dänemark, wo in den 1960er Jahren die ersten Cohousing-Projekte entstanden. Sie bestanden aus mehreren Privathäusern und einem weiteren Haus, das etwa eine große Küche, einen Waschraum oder Erholungsräume beherbergte.

In Deutschland fällt Cohousing unter gemeinschaftliches Wohnen. Wie genau das aussieht, ist sehr unterschiedlich: „Das hat mit der Architektur des jeweiligen Gebäudes zu tun, aber auch mit den Vorstellungen der Wohngruppe“, sagt Volker Holtermann, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens planW, das schwerpunktmäßig Gruppenwohnprojekte entwickelt und organisiert.

Gemeinsam wohnen im Alter

Für Senior:innen gibt es Wohnpflege-Gemeinschaften als Alternative zum Pflegeheim. Doch solche Clusterwohnungen eignen sich prinzipiell für Menschen jeden Alters: „Die Menschen leben in kleinen Individualeinheiten mit Nasszelle, maximal noch mit einer Pantry-Küche“, sagt Holtermann. Die Projekte, die er und sein Team in Hannover realisiert haben, bestünden hingegen eher aus klassischen Einzelwohnungen, dazu gebe es zum Beispiel eine gemeinsame Waschküche, Lagermöglichkeit für Einkäufe, eine Werkstatt, ein Gästezimmer oder sogar einen Coworking-Space.  

Trend zu gemeinschaftlichem Wohnen

Zwar ist partizipatives Wohnen eher eine Nische – „aber keine so kleine“, sagt Holtermann. Zumindest auf der planerischen Ebene sieht er durchaus einen Trend zu gemeinschaftlichen Konzepten. „In Zeiten, in denen die individuellen Wohnbereiche immer größer werden, sind sich Planer:innen und Nutzer:innen einig, dass es andere Lösungen braucht – denn so viel Wohnfläche haben wir in Deutschland gar nicht.“ Und in Großstädten wie Hamburg oder Berlin sei es allein schwieriger als gemeinsam, an Wohnmöglichkeiten mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis zu kommen.

Dazu kommt, dass die traditionellen Strukturen in vielen Familien nicht mehr bestehen und sich die Generationen nicht mehr gegenseitig unterstützen können, etwa, weil Eltern und ihre Kinder viele hundert Kilometer von den Großeltern entfernt wohnen.

Alternative Wohnprojekte auf dem Land und in der Stadt

Egal, ob in einem etwas verschlafenen Provinznest oder einer turbulenten Großstadt: Wohnbereiche zu teilen, hat viele Vorteile. „Erst einmal bedeutet es, dass der Platz nicht in der eigenen Wohnung finanziert wird“, sagt Holtermann – etwa der Platz für die Waschmaschine, eine Vorratskammer oder ein Home-Office. Und gemeinschaftliche Wohnprojekte sind oft Trendsetter, wenn es um eine bestimmte Bauweise geht: „Viele Menschen, die sich für eine solche Wohnform entscheiden, haben die Motivation, nichts von der Stange zu kaufen“, sagt der Projektentwickler. Der Gemeinschaftsansatz bietet die Möglichkeit, zu experimentieren und das Zuhause mitzugestalten. Ein weiteres Plus: „Die zukünftigen Nachbar:innen lernen sich schon vor dem Einzug kennen“, sagt Holtermann – und zwar während der zwei bis fünf Jahre, die es in der Regel dauert, bis ein Wohnprojekt umgesetzt ist. So legt schon der Entstehungsprozess den Grundstein: für ein lebendiges Miteinander, bei dem Menschen füreinander da sind, aber auch Rückzugsräume haben.

Gemeinschaftliches Wohnen in der Praxis: fünf Fragen an Volker Holtermann

Für wen eignet sich gemeinschaftliches Wohnen?

Der Ansatz, sich in Wahlverwandtschaften zu organisieren ist altersunabhängig. Allerdings wird der erste „Nestbau“ eher in der Kleinfamilie gestaltet. Dadurch wird gemeinschaftliches Wohnen erst bei der Generation 55+ stärker nachgefragt.

 

Bilden sich durch die gemeinschaftlich genutzten Räume automatisch soziale Beziehungen?

In unseren Projekten funktioniert das sehr gut. Dort sehen wir, dass sich die Familien und die Älteren gut miteinander verbinden. Ältere Menschen sind dann wie Großeltern für ihre Wahlverwandtschaft. Umgekehrt erfahren junge Familien Unterstützung. Es ist ein Geben und Nehmen.

Ein wichtiger Punkt bei gemeinschaftlichen Wohnprojekten ist, dass es einem erlaubt, das Zuhause mitzugestalten. Wie kann das zum Beispiel aussehen?

 

Wir bauen jetzt gerade ein klimafreundliches Haus ohne Beton. Stattdessen besteht es aus Holz, Stroh und Lehm. Solche Ansätze umzusetzen, geht tatsächlich nur selbstorganisiert und nicht über einen Bauträger.

 

Gibt es auch Nachteile beim Cohousing?

Der Nachteil ist, dass die Menschen selbst Bauherr:innen bleiben und das volle Risiko für das Projekt tragen. Gerade durch die Entwicklungen in den letzten Jahren können wir zum Beispiel keine Kostensicherheit garantieren. Aber effektiv kostet das Ganze meiner Erfahrung nach eher weniger als bei Bauträgern. Weitere Nachteile sind der planerische Aufwand – die Menschen müssen sich vielleicht zusätzlich zu Arbeit und Familie mit dem Hausbau beschäftigen, oft abends zusammensitzen und Entscheidungen treffen.

Das Prinzip Cohousing macht dich neugierig?

Bei der Stiftung Trias besteht die Möglichkeit, Gleichgesinnte für ein Wohnprojekt zu finden. Auch das Forum für gemeinschaftliches Wohnen bietet eine Plattform und Regionalstellen, wo sich Interessierte informieren können. In vielen Städten gibt es auch Vereine, die sich um nachbarschaftliches Wohnen kümmern und etwa Stammtische oder Kurse organisieren, um Menschen für Cohousing zusammenbringen.

Bildquellen:
ehemalige Schule_3 C_Thekla Fomiczenko-Beyer
Querbeet 2_C Thorsten Scherz, Lüneburg

Helene Kilb (Textkonfekt)

Als freiberufliche Redakteurin und Texterin schreibt Helene Kilb am liebsten über alles, was sie selbst begeistert. Das sind einerseits neue Interiortrends und Deko-Ideen, aber andererseits auch Themenbereiche wie Nachhaltigkeit, Familie und die sozialen Medien.

Portrait: Helene Kilb (Textkonfekt)

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