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zukunftswaende • Januar 2023
Eine Stadt, die dafür sorgt, dass es den Menschen gut geht, die zwischenmenschliche Bindungen und persönliche Fähigkeiten fördert und ein Gefühl von Geborgenheit weckt: Das alles verspricht das Konzept der Caring City. Das verbirgt sich hinter dem Begriff und so lässt er sich in die Realität umsetzen:
Jahrzehntelang galt die Devise „das Auto ist des Deutschen liebstes Kind“. Diese steht im Gegensatz zu dem Prinzip der Caring City und bestimmte maßgeblich, wie Städte geplant und gestaltet wurden: mit vielen Parkplätzen, breiten Straßen oder einer guten Anbindung ans Umland. Mittlerweile entwickelt sich die Städteplanung weg von dieser Autozentrierung und hin zu ganzheitlicheren Ansätzen. So auch die Idee der Caring City! Sie stellt die Bedürfnisse der Stadtbewohner:innen in den Mittelpunkt. Auch soziale Aspekte, digitale Möglichkeiten und klimasensible Maßnahmen werden in einer Caring City mitgedacht. Ausgangspunkt der Caring City ist der Gedanke, dass unsere Umgebung unser Wohlbefinden maßgeblich beeinflusst. Entsprechend trägt urbanes Design dazu bei, dass wir uns in einer Stadt sicher, zufrieden, gesund und geborgen fühlen. Dabei sind die architektonische Gestaltung einer Stadt und ihre nachbarschaftliche „Community Care“ in einer Caring City gleichgesetzt.
In Ansätzen existiert das Konzept einer „fürsorglichen Architektur“, wie im Falle einer Caring City schon länger: Juliet Davis, ist Leiterin der Welsh School of Architecture – eine der weltweit bedeutendsten Architekturschulen. Sie schreibt in ihrem 2022 erschienenen Buch „The Caring City“: „Lange Zeit wurde das gestalterische Potenzial in Bezug auf Pflege oder Fürsorge vor allem durch bestimmte Räume erkundet, die zum Beispiel mit der Betreuung von Kindern, Alten, Flüchtlingen, Obdachlosen, Behinderten und Kranken verbunden sind.“ Seit 2010, stellt sie bezüglich des Konzeptes Caring City fest, tauchten auch andere urbane Orte mehr und mehr als „Räume der Fürsorge“ auf, etwa Straßen, Cafés, Museen, Kleingartenanlagen und andere städtische Grünflächen.
Dabei untersucht Davis, welches Fürsorge-Potenzial in einer Stadt als Ganzes steckt und definiert vier Hauptmerkmale für eine Caring City:
Das Ziel einer Caring City ist es, die Lebensqualität in Städten zu erhöhen. Das bedeutet für jede Stadt etwas anderes und hängt zumindest teilweise vom jeweiligen Kulturkreis ab. Die zentralen Aspekte für Deutschland bezüglich der Caring City verrät ein interaktiver Bericht der Bundesregierung, der regelmäßig aktualisiert wird. Wichtig sind persönliche Faktoren wie Gesundheit, Bildungschancen und Sicherheit. Aber auch der Zusammenhalt in Familie und Gesellschaft, Natur- und Umweltschutz und die Wahrung des inneren Friedens in Deutschland zählen dazu. Für jede dieser Dimensionen hat die Bundesregierung im Hinblick auf das Konzept der Caring City konkrete Indikatoren erarbeitet: Etwa beim Thema Gesundheit gehören die Lebenserwartung und die Versorgung mit Ärzt:innen zu den Indikatoren, bei der Sicherheit zum Beispiel die Kriminalitätsrate.
Der Home Report 2023 der Trendforscherin Oona Horx-Strathern des Zukunftsinstituts zeigt, wie sich aus den Lebensqualität-Indikatoren konkrete Maßnahmen für städtisches Design ableiten lassen. So braucht es einen guten Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, viele Radwege und emissionsfreie Busse, um eine Stadt mobiler, gleichzeitig grüner zu machen und somit der Caring City näher zu kommen. Kurze Wege und somit mehr Freizeit verspricht die 15-Minuten-Stadt, bei der wichtige Einrichtungen in jedem Stadtviertel vertreten sind – etwa Kitas, Supermärkte, Arztpraxen oder Restaurants. Öffentliche Grünplätze helfen, das Bedürfnis nach Naturnähe zu erfüllen und gleichzeitig das gesellschaftliche Miteinander ganz im Sinne der Caring City zu fördern.
Wichtig sind dabei nicht nur enge soziale Beziehungen, sondern auch vergleichsweise schwache, aber herzliche Bindungen: die zu den Nachbar:innnen, zu den netten Verkäufer:innen im Blumenladen oder den Kellner:innen im Lieblingsrestaurant. Denn durch die kleinen Begegnungen des Alltags, einen Gruß, ein Lächeln oder ein kurzer Plausch entsteht ein Gefühl von Zugehörigkeit, welches in Caring Cities großgeschrieben wird. Wo Menschen eng zusammenleben und sich häufig begegnen, entstehen im besten Fall sogenannte Caring Communities, soziale Netzwerke, in denen sich Menschen gegenseitig im Alltag unterstützen.
Darüber hinaus haben die Bewohner:innen einer Caring City die Möglichkeit, die eigenen Ideen mit einzubringen und die Stadt selbst aktiv mitzugestalten. Als Beispiel dafür nennt Horx-Strathern sogenannte Parklets in einer Caring City. Hier entstehen an Straßenrändern auf ehemaligen Parkplätzen kleine Inseln, die zum Verweilen einladen. Und nicht zuletzt sollte sich Horx-Strathern zufolge eine fürsorgliche Stadt um Strategien gegen den Klimawandel bemühen, zum Beispiel mit mehr Pflanzen in der Stadt, mit Baumgruben nach dem Schwammstadt-Konzept hellen Straßenbelägen, die Sonne reflektieren statt zu absorbieren, um das größte Potenzial einer Caring City herauszuholen.
Für die Menschen, die in einer Stadt wohnen, haben solche Maßnahmen eine große Wirkung. Die Architektur-Expertin Juliet Davis drückt es so aus in ihrem Buch: „Design kann Menschen in ihrem täglichen Leben unterstützen, indem es ihnen ermöglicht, Bedürfnisse zu erfüllen und Fähigkeiten zu entwickeln, die für das Wohlbefinden […] entscheidend sind“. „Es kann das Geben und Empfangen von Fürsorge zwischen Menschen gestalten.“
Zu dem fördere es als Kern einer Caring City das Bewusstsein für die Bedürfnisse anderer, über kulturelle und generationsbedingte Grenzen hinweg. Außerdem könne urbanes Design dazu beitragen, dass Menschen eine emotionale Verbindung zu Orten bildeten. Auf diese Weise könnten Städte in Zukunft deutlich an Attraktivität gewinnen – und zwar für ihre Bewohner:innen statt für die Autos darin.
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